Benjamin Mazatis startet dieses Jahr in der neu geschaffenen ADAC Formel 4. Nach dem Auftakt vor vier Wochen in Oschersleben steht am kommenden Wochenende das zweite Rennwochenende in Österreich an. Auf dem Red Bull Ring möchte der 17-Jährige auf seinen gesammelten Erfahrungen aufbauen. Um für die insgesamt 24 Saisonrennen in Deutschland und Europa möglichst fit zu sein, trainiert das Formel-Talent aus dem bayerischen Bruckmühl seit vergangenem Jahr mit dem renommierten Fitnesstrainer Erwin Göllner. Der Österreicher blickt auf eine lange Karriere in der Formel 1 zurück und trainierte unter anderem die beiden Formel-1-Weltmeister Damon Hill und Jacques Villeneuve sowie den amtierenden F1-Vizechampion Nico Rosberg.
Wenn Mazatis sich nicht gerade im eigenen kleinen Fitnessstudio des Elternhauses mit seinem Personal Coach vorbereitet, arbeitet er gemeinsam mit Göllner an der weiteren Verbesserung seiner Fitness. Der besondere Kniff des erfahrenen Physiotherapeuten, von den Medien auch ‚Weltmeister-Macher‘ genannt: Hier wird sportartspezifisch trainiert. Ein durchtrainierter Nacken, um die extremen Fliehkräfte während der Rennen im Cockpit zu meistern, steht genauso im Fokus wie die Schulung der Konzentration. „Ein Marathonläufer würde keine komplette Renndistanz in einem Formel-1-Auto durchhalten“, sagt Göllner.
Volles Programm für angehende Profis
Göllner hat über die Jahre hinweg seine Trainingsmethoden perfektioniert und sich ständig an die wechselnden Herausforderungen des Motorsports angepasst. Ob Jonglieren auf einem Medizinball oder Liegestütze auf Slacklines, die quer durch den kleinen Kellerraum gespannt werden – Mazatis erhält hier das volle Programm für angehende Motorsport-Profis. „Es müssen nicht immer unheimlich teure Hightech-Geräte sein“, erklärt Göllner seine Devise. Fast schon spielerisch trainiert der junge Mazatis über den Tag hinweg Ausdauer, Konzentration und Physis. „Erwin fordert mich in jedem Bereich“, sagt der angehende Abiturient. „Das Training ist schon anstrengend. Am Ende macht es aber Spaß, wenn man sich selbst und seinen eigenen Körper bezwingen kann.“
Das Prunkstück in Göllners Keller steht in der hintersten Ecke. Auf den ersten Blick wirkt das Gebilde wie ein 4×2 Meter großes Hightech-Konstrukt mit Rennsitz, Lenkrad und Monitor im Innern. Es handelt sich um den fast schon legendären Fliehkraft-Simulator, den Göllner in jahrelanger Entwicklungsarbeit aufgebaut hat. Die Maschine ist in der Lage, die exakten Fliehkräfte und klimatischen Bedingungen einer jeden Rennstrecke weltweit realitätsgetreu zu simulieren, die auf einen Rennfahrer einwirken. Eine Konstruktion, gefüttert mit sensiblen Telemetriedaten direkt von Formel-1-Ingenieuren, die weltweit in dieser Form einmalig ist.
Hier spult auch Mazatis seit Monaten ein spezielles Programm ab. Das Training im Fliehkraft-Simulator ist hart, nicht umsonst trägt er den Namen ‚Foltermaschine‘. In einer 80-minütigen Einheit wird Mazatis‘ Kopf unter dem Helm per Drahtseilen höchsten Belastungskräften ausgesetzt, minutenlang zerren die Seile mit mehr als 20 Kilogramm Gewicht an seinem Nacken. Zudem muss Mazatis immer wieder mit einer Kraftanstrengung von umgerechnet 80 Kilo auf ein Bremspedal treten sowie mit den Armen am eingebauten Lenkrad drehen.
130 Tonnen Gewicht in 90 Minuten
In den knapp eineinhalb Stunden im Simulator bewegt Mazatis mit seinem Kopf, Armen und Beinen eine Last von insgesamt 130 Tonnen Gewicht. „Das Training im Simulator ist hart, macht aber auch Spaß“, sagt Mazatis. „Das Tolle ist, dass ich auch die Muskeln, die im Alltag weniger beansprucht werden, hier perfekt trainieren kann. Ich bin sicher, dass ich mir durch das Training einen Vorteil gegenüber meinen Konkurrenten verschaffen kann. Ich hoffe, dass ich im Verlauf eines kompletten Rennwochenendes ständig meine bestmögliche Leistung bringen kann, während bei anderen Fahrern die Kräfte langsam nachlassen.“
Göllner geht mit seinem Training gezielt auf Mazatis‘ Bedürfnisse ein und fordert das Nachwuchstalent mit immer wieder neuen Übungen. „Benjamin ist hoch motiviert und weiß genau, was er will. Ihm ist klar, dass er im Training alles geben muss, um wirklich bereit zu sein für eine Karriere im Motorsport. Das macht nicht immer Spaß, aber letztendlich kommt es nur auf den Erfolg an. Wenn er so weitermacht, ist eine Profi-Karriere absolut realistisch“, sagt der Trainer über seinen jungen Schützling. Göllner reist in dieser Saison gemeinsam mit Mazatis zu den Rennwochenenden, um ihn dort bei seinen Vorbereitungen auf die Rennen zu unterstützen.